ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in den ev. Landeskirchen
Mitteilungstext der Superintendenten Stephanie und Jan von Lingen zu den Ergebnissen der ForuM-Studie
Aus den Medien haben wir alle die Informationen zur ForuM-Studie „Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche“ wahrgenommen. Die Ergebnisse der unabhängigen Forschungsgruppe sind für unsere Kirche beschämend. So sind seit 1946 allein in unserer hannoverschen Landeskirche 122 Beschuldigte bekannt.
Für viele Menschen ist das Thema belastend, ja bei Betroffenen werden alte Wunden aufgerissen. Jeder Verdachtsfall sexualisierter Gewalt belastet Leben, Familien, Berufsbiografien. Die Kirchenleitung ist nun aufgefordert, nachzuliefern, was an Informationen noch fehlt.
Ebenso wichtig ist die flächendeckende Arbeit am Schutzkonzept in unseren Kirchengemeinden. Wir müssen in unserer Kirche weiter an einer Kultur arbeiten, in der sexualisierte Gewalt keinen Raum bekommt und Betroffene ermutigt werden, Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Dazu hat Kirchenkreis auf der Kirchenkreissynode ein Schutzkonzept beschlossen, das in allen Gemeinden vorliegt und weiterentwickelt wird. Zu lesen ist das Schutzkonzept auf der Internetseite „Leine-Solling.de“. Alle hauptamtlich Mitarbeitenden wurden entsprechend geschult.
Wenn Sie Fragen haben oder zu dem Thema sprechen wollen, stehen Ihnen das Pfarramt und die Superintendentin oder der Superintendent zur Verfügung, aber natürlich auch unabhängige Beratungsstellen wie die zentrale Anlaufstelle ‚help‘.
Kirche soll ein sicherer Ort sein. Dafür lassen Sie uns gemeinsam einstehen.
Stellungnahme der Regionalbischöfin zur Veröffentlichung der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche
Am 25. Januar wurde die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegebene Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche (ForuM*) veröffentlicht.
Diese unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitungsstudie bildet eine neue Grundlage für die Aufarbeitung im Bereich sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche. Diese Studie nehmen wir sehr ernst.
Wir werden die Studie nach der Veröffentlichung am heutigen Donnerstag genauestens analysieren, um zielführende Aufarbeitung auch im Sprengel Hildesheim-Göttingen aktiv voranzubringen. Was jetzt schon deutlich geworden ist: Wir müssen erkennen, dass sexualisierte Gewalt auch in der evangelischen Kirche in vielen Fällen strukturell einen Raum gefunden und Betroffenen nachhaltig großes Unrecht zugefügt hat. Das widerspricht zutiefst unserem Bild von Kirche als sicherem Raum. Diese Erkenntnis ist außerordentlich schmerzhaft. Wir müssen uns ihr stellen.
Eine zentrale Rolle bei der Auswertung der Studie wird auch das Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD spielen, in dem Betroffenenvertreter*innen und kirchliche Beauftragte zusammenarbeiten. Seit mehr als zehn Jahren sind wir zwar als Kirche entschlossen im Einsatz gegen sexualisierte Gewalt. Trotzdem steht, das macht die Studie deutlich, die aktive Aufarbeitung in vielen Fällen noch aus. Zudem müssen wir mit einer hohen Dunkelziffer rechnen.
Die Studie empfiehlt Landeskirchen übergreifende, verlässliche Strukturen der Aufarbeitung und einheitliche Entschädigungszahlungen. Gleichzeitig müssen wir vor Ort sehr wachsam sein, Signale aufnehmen, Betroffenen zuhören, umgehend reagieren und aktiv Prävention, Intervention und Aufarbeitung voranbringen.
Wir unterstützen betroffene Personen und erkennen das Unrecht an, dass sie in der Kirche erfahren haben und stehen dabei auch für eine konsequente Aufklärung. Wichtige präventive Bausteine sind Schutzkonzepte und Interventionspläne in unseren Gemeinden und Einrichtungen sowie der gesamten Landeskirche. Betroffene können sich an die Fachstelle der Landeskirche wenden: https://praevention.landeskirche-hannovers.de/
Regionalbischöfin Dr. Adelheid Ruck-Schröder
Pressemitteilung der Landeskirche Hannovers zur ForuM-Studie und zu Fallzahlen in der Landeskirche
+++ Pressemitteilung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers +++
Sexualisierte Gewalt: Statement von Landesbischof Meister zur Veröffentlichung der ForuM-Studie und zu Fallzahlen in der Landeskirche Hannovers
Der unabhängige Forschungsverbund ForuM hat heute seine Studie „Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Landeskirche Hannovers hat in die Studie einen Fall von sexualisierter Gewalt eingebracht, den die Forschenden in den Teilprojekten A und B behandelt haben. Im Teilprojekt E hat die Landeskirche wie vom Forschungsverbund angefordert in zwei Teilschritten Daten von Fällen sexualisierter Gewalt zur Verfügung gestellt. Im Teilschritt 2 lagen dieser Datenübermittlung als Quellen Disziplinarakten und die entsprechenden Personalakten von Pfarrpersonen sowie weitere Akten und Meldungen bei der telefonischen Hotline der Landeskirche im Jahr 2010 zugrunde. Details zu den Quellen der Datenerhebung finden Sie unten.
Aus beiden Teilschritten im Teilprojekt E zusammen ergeben sich für die Landeskirche Hannovers 110 Fälle sexualisierter Gewalt mit 110 beschuldigten Personen und mindestens 140 betroffenen Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen sind. Unter den 110 Beschuldigten sind 62 Pastoren. Eine differenzierte Darstellung der Fallzahlen stellt die Landeskirche hier zur Verfügung. Alle Fälle, in denen die beschuldigten Personen noch leben, hat die Landeskirche den Staatsanwaltschaften vorgelegt. In den Fällen, die bisher nicht öffentlich bekannt sind, macht die Landeskirche Details grundsätzlich nur nach Zustimmung der Betroffenen öffentlich.
Seit der Datenübergabe an den Forschungsverbund sind in der Landeskirche noch weitere zwölf Fälle aus dem Bereich der sexualisierten Gewalt bekannt geworden, unter den Beschuldigten ist eine Pfarrperson. Insgesamt sind der Landeskirche aktuell 122 bestätigte Fälle oder Verdachtsfälle auf Sexualisierte Gewalt bekannt. Unter den beschuldigten Personen sind 63 Pastoren (alle männlich).
Landesbischof Ralf Meister sagt:
„Die Zahl von 122 Fällen, die wir jetzt für die Landeskirche Hannovers vorlegen, bildet ausdrücklich nur einen Ausschnitt davon ab, wie viele Betroffene seit 1945 in unserer Landeskirche Sexualisierte Gewalt erlitten haben. Die Zahlen machen zudem deutlich, wie auch Strukturen gerade in der evangelischen Kirche sexualisierte Gewalt ermöglichen.
„Die Zahl von 122 Fällen, die wir jetzt für die Landeskirche Hannovers vorlegen, bildet ausdrücklich nur einen Ausschnitt davon ab, wie viele Betroffene seit 1945 in unserer Landeskirche Sexualisierte Gewalt erlitten haben. Die Zahlen machen zudem deutlich, wie auch Strukturen gerade in der evangelischen Kirche sexualisierte Gewalt ermöglichen.
Die heute vorgestellte ForuM-Studie legt den Fokus darauf, die Faktoren zu identifizieren und zu untersuchen, die in den evangelischen Kirchen und in der Diakonie in der Vergangenheit und bis heute sexualisierte Gewalt ermöglichen und Aufklärung verhindert oder verzögert haben. Die in der Studie genannten Zahlen und die aktuelle Diskussion um die Zahlen dürfen nicht den Blick auf die Beiträge der Betroffenen verstellen.
Die Strukturen, die in unseren Landeskirchen einer konsequenten Aufklärung entgegenstanden und -stehen, wurden untersucht. Wichtig war, dass die Perspektive der Betroffenen dabei neben der Aktenlage maßgeblich im Fokus stand. Mit ihnen gemeinsam müssen wir jetzt zunächst sorgfältig die Ergebnisse und Empfehlungen analysieren. Die Schlussfolgerungen dieser Analyse sind grundlegend für die weitere Umsetzung von Aufarbeitung und Prävention.
Wir müssen in unserer Kirche weiter an einer Kultur arbeiten, in der Sexualisierte Gewalt keinen Raum hat und in der Betroffene ermutigt werden, Unterstützung in Anspruch zu nehmen.“
Hinweis zur Datenerhebung für das Teilprojekt E
Für die Datenerhebung zum zweiten Teilschritt im Teilprojekt E hat die Landeskirche Hannovers die folgenden Quellen berücksichtigt:
Für die Datenerhebung zum zweiten Teilschritt im Teilprojekt E hat die Landeskirche Hannovers die folgenden Quellen berücksichtigt:
- Quelle 1: alle Anträge der Unabhängigen Kommission zur Anerkennung des erfahrenen Leids (Anerkennungsleistungen bis 2020)
- Quelle 2: alle Anträge der Anerkennungskommission bis 05.2022
- Quelle 3: alle Disziplinarakten der Landeskirche bis 1999
- Quelle 4: alle Disziplinarakten der Landeskirche ab 1999
- Quelle 5: Kündigungsliste aller privatrechtlichen Mitarbeitenden
- Quelle 6: Statistik der telefonischen Hotline der Landeskirche aus 2010
Nach Identifizierung eines Falls wurden die korrespondierenden Personalakten der beschuldigten Personen für die weitere Recherche hinzugezogen.
Differenzierte Darstellung der Fallzahlen
Eine differenzierte Darstellung der Fallzahlen finden Sie hier.
Eine differenzierte Darstellung der Fallzahlen finden Sie hier.
Weitere Informationen
Die Ergebnisse der ForuM-Studie finden Sie auf den Seiten des Forschungsverbunds.
Die Evangelische Kirche in Deutschland stellt weitere Informationen zum Thema hier bereit.
Informationen zu den Themen Prävention, Intervention und Aufarbeitung in der Landeskirche Hannovers gibt es auf der Internetseite der Fachstelle Sexualisierte Gewalt der Landeskirche Hannovers.
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Hannover, den 25. Januar 2024
Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann,
Pressesprecher
der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann,
Pressesprecher
der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
Rote Reihe 6
30169 Hannover
30169 Hannover
Telefon: 0511 – 1241 399
Mobil: 0172 - 2398461
E-Mail: Benjamin.Simon-Hinkelmann@evlka.de
www.Landeskirche-Hannovers.de
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